Einwegkommunikation und Wissenshierarchien: und wo soll Mehrwert entstehen?

Wir brauchen alle Mehrwert. Wo ist er, oder besser gefragt, wie entsteht er? Ich entdecke den Mehrwert von eigenen Stories oft nur, wenn andere kommentieren, Impulse geben oder sich unerwartet äussern (können). Ich unterscheide nicht zwischen interner und externer Kommunikation. Beide beeinflussen sich stärker als manchem recht ist.

Unsichtbare Zäune

Bei mir zuhause ist ein Zaun, weil sonst unsere Terrasse der Parkplatz wäre und der knurrende Hund mich nervös macht. Ich finde den furchtbar. Den Zaun. Über diesen Zaun wird nie ein guter Dialog entstehen. Intern (also mit Nachbarn) ebenso wenig wie mit zufälligen Passanten oder Besuchern. In Firmen gibt es unsichtbare Zäune.

Zaun

Zaun (der übrigens bald entfernt und mit Pflanzen ersetzt wird 😉

Die Digitalisierung fordert immer schnellere Reaktionen, Impulse aufnehmen, Ideen abwägen, ausprobieren und wieder verwerfen. So kann Mehrwert entstehen. Roman Huber schreibt im Beitrag „Fernrohr statt Rückspiegel“, dass Firmen heute agilere Strukturen mit Kooperationscharakter brauchen. Real fehlt es aber in Firmen an Gelegenheiten, Impulse irgendwo zu deponieren, die gefunden, aufgenommen, kommentiert und erweitert werden können. Auch über die Grenze intern/extern wird wenig bis nicht ausgetauscht. Technologien werden ausgegrenzt, nicht getestet, weil die innere Einstellung zu Wandel, Dialog und Kritik fehlt. Man weiss aber nicht, was eigentlich fehlt. Für Content Marketing müssen aber dringend intern (Mehr-)Werte entstehen, die dann extern sichtbar werden. Mehrwerte liegen oft in Impulsen, Wissen, Gelerntem, Fehlern, Ideen, kommunikatorischen Dienstleistungen (dazu andermal mehr). Ich sehe im Alltag drei grundlegende Hindernisse dafür.

Hindernis 1
Information ist Einwegkommunikation

Informationen gehören zu einer alten Form der Kommunikation. Information ist hierarchisch. Jemand hat einen Inhalt und gibt ihn final an andere. Information plant keine Versionierung, keine Kommentare, Ergänzungen. Alle Gedanken wurden (vermeintlich) zu Ende gedacht und werden nun präsentiert. Typisch in Pitches. Kunde sitzt, Agentur steht und informiert, präsentiert sich im besten Schein (Pardon, Licht natürlich). Frage ich aber in die Runde verändert sich nicht nur die Energie im Raum sondern auch das Ergebnis. Auch interne Meetings (und Mails) sind oft in Informationsform. Ich nenne das Einwegkommunikation. Einwegflaschen, Einwegrasierer, all das wirft man nach Gebrauch weg. Sie sind nicht für dauerhaft Wertvolles geeignet. Sie erfüllen nur ein kurzfristiges Bedürfnis.

Eine Information erkenne ich am Satzbau, fehlenden Fragen, abgeschlossenen Aussagen, oft auch Substantivierungen (dann fehlt das Verb). Es wird kein Bezug geschafft zum Empfänger. (Was hat das mit mir zu tun, was habe ich davon?) Das Gespräch ist beendet, bevor es begann.

Setzen Firmen als Kommunikationsziel „wir wollen unsere Zielgruppen informieren“, ist das ein Killer für den Mehrwert. Information erstickt Lernen und Dialog, es entsteht kaum Neues. Diese Form ist berechtigt, aber bitte nicht im Content Marketing. Informationen sind für Broschüren, teils für Webseiten und schwarze Bretter.  Im Content Marketing sollen Menschen etwas mehr bekommen.

Formulieren wir also offen, stellen aufrichtige Fragen, uns selbst in Frage oder hören, was andere ergänzen können.

Hindernis 2 – Wissenshierarchien

Wie intern kommuniziert wird, spiegelt sich extern im Content Marketing. Heute wird sichtbar, ob Mitarbeiter motiviert sind, ihre Firma mögen und auch wieviel sie tatsächlich wissen.

Sichtbar wird die Dialogkultur in Meetings, im Umgang mit Kunden (offen Fehler besprechen, Ideen vorschlagen, die der Kunde nicht angefordert hat, eigene und Vorstellungen des Kunden in Frage stellen, wenn nötig) und auch bei technologischen Lösungen. Es ist nicht mehr tragbar, sich intern ausschliesslich mit E-Mail und offline auszutauschen, denn diese Inhalte sind nicht dokumentiert oder thematisch zu bündeln, auffindbar und nachvollziehbar bspw. von neuen Mitarbeitern. Es entstehen unabsichtlich Wissenshierarchien.

Mitarbeiter, die nicht mitbekommen was andere tun oder gelernt haben, werden öffentlich kaum teilen (bloggen) können. Sie können nicht etwas gerecht werden, was sie nicht kennen. Sie kennen die Firmenpersönlichkeit und das kollektive Wissen zu wenig (wer weiss was und wo lerne ich selbst). Das entstandene Wissen aus dem Alltag sollte dokumentiert werden können, auffindbar sein und auch diskutiert werden. Es gibt auch hier kaum die finale Version. Wissen ist der dauernder Prozess des Lernens. Und dazu braucht es nunmal auch Technologien, die das fördern.

Testen wir slack, Wikis, Bookmarks und interne Blogs und machen Wissen vorallem auch mobile abrufbar.

Hindernis 3 – fehlende Dialog- und Lernkultur

Mehrwert entsteht nicht nur durch Wissen, sondern auch überraschend, wenn wir offen sind, fragen, beobachten und auch Antworten auf nicht gestellte Fragen zulassen. Die oft zitierte Augenhöhe.

Früher konnte man Hierarchien an einer Krone, Kleidern und auch Bildung erkennen. Heute sind sie viel subtiler. In internen Meetings schleichen sich bspw. Muster ein. Es sprechen immer die gleichen Leute. Kommentiert jemand überraschend und es passt gerade nicht ins Konzept des Sprechers, wird der Kommentar vielleicht sogar abgeschmettert. Andere Teilnehmer sehen das und erlernen nicht zu kommentieren. Ihr Wissen, ihre Ideen oder auch nur Meinungen werden sie nicht teilen, man könnte ja falsch liegen. In dieser Kultur braucht es erst Augenhöhe, damit Tools den Dialog fördern.

Al Pacino fragt in Facebook, ob sie einen neuen Film machen sollen

Al Pacino fragt in Facebook, ob sie einen neuen Film machen sollen

Plattformen, auf denen wir intern oder mit Kunden Ideen entwickeln, Kunde und Mitarbeiter im Team kommentieren, ergänzen können und auch Fehler frühzeitig sichtbar werden. Der Faktor Zeit sollte niemals im Wege stehen. Will der Kunde etwas sehen, was halbfertig ist. Warum nicht. Vielleicht ergeben sich Impulse für Wertvolles.

Beispiel: Die beiden Superstars kokettieren mit einer Schwäche, die gar keine ist. Sie setzen die Kommunikation zeitlich viel weiter vorne an. Sie teilen die Idee, bevor sie eine ist, lassen Raum für Diskussion. Warum sehe ich sowas nicht von Firmen.

 

Haben wir doch einfach Mut zu eigenen Fehlern, zum öffentlich Lernen und zu anderen Meinungen.

 

 

 

Alles zusammen

..ist eine hinderliche Mischung. Mehrwerte brauchen wir als internen Motor als auch für die externe Kommunikation. Basiert eine Firma auf Einwegkommunikation, vermisst man auch die Technologie nicht, mit denen Wissen abgebildet wird oder entstehen kann. Es findet wenig Dialog statt und das ständige Lernen bleibt unsichtbar. Die Content Marketer drehen sich dann erfolglos im Kreis, weil sie statt Mehrwert nur reine Information oder Unterhaltung zu bieten haben. Davon haben die Menschen genug.

Kommentar zu Jürg Kobel (@sozialemedien) schreiben

Hier klicken, um das Antworten abzubrechen.

Du kannst folgendes HTML verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

5 Kommentare zu “Einwegkommunikation und Wissenshierarchien: und wo soll Mehrwert entstehen?

  1. Ingrid Schmid schrieb am :

    Meine Übernacht-Erkenntnis nach dem ersten Blog-Tag mit dir, liebe Su:

    – Weil das Blogging aus einem Trend entstanden ist, der nicht das Ziel hat, GEld zu verdienen, tun sich Firmen schwer damit.

    – Relevante Themen sind solche, die Bedürfnisse unserer Lieblings-Gesprächspartner abdecken. Das heisst: Wir benötigen als Firma eine Zielgruppe.

    – Erfolgreiche Blogs haben einen Namen. Fleckenblog, Mama-Blog etc. Kaffeeblog – der könnte durch Nespresso abgeckt wird. Wo sind die erfolgreichen Firmenblogs? Welchen Namen haben sie? Das heisst: ein Blog sollte wie ein Produkt behandelt und vermarktet werden. Vielleicht sogar: ein Brand.

    – Ein erfolgreicher Blog steht und fällt mit den Personen dahinter, die ihn am Leben erhaltnen. Ich würde sogar behaupten: Mit DER Person, die sich zu 100 % mit der Firma comitted. Das heisst: ein Blog hat eine beschränkte Erfolgszeit. Eine Firma, die eine Blogging-Strategie verfolgt, müsste dann bereits den nächsten Blog planen, wenn der aktuelle noch erfolgreich ist.

    – Fazit: Firmenblogs sollten wie ein Firmenprodukt geplant und umgesetzt werden: Es braucht eine Marketingstrategie.

    Schreibt mir eure Kommentare zu diesen Gedanken. Ich bin keine Agentur!

    • Liebe Ingrid
      Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Gedanken. Evtl. wär das mal einen separten Beitrag wert.
      Leider wird hier dein Kommentar kaum gesehen, weil der Beitrag schon zu alt ist. Ich befürchte, wir müssen einen anderen Weg suchen für deine gewünschte Diskussion.