Biometrisches Stimmprofil bei Swisscom Support – intransparentes Vorgehen

Ich bin heute an der Shift, wo es um Ethik und Daten in der Digitalisierung geht und berichte hier live während den Vorträgen, was ich höre und lerne.

„Dieser Anruf wird zu Schulungszwecken aufgezeichnet….“ So beginnt die Frage, ob Swisscom ein Stimmprofil aufnehmen darf. Ein sogenanntes Opt-out Verfahren (Kein Widerspruch bedeutet Einverständnis)

 

War euch das bewusst, dass die Swisscom somit ein Stimmprofil (biometrische Daten) anlegt?

 

Ich persönlich finde das unerhört und habe das noch nie wahrgenommen. Schulungszwecke suggeriert bei mir ein „Klar, ich helfe gerne“. Unklar ist mir zu diesem Zeitpunkt, dass es eigentlich um biometrische Daten geht, die unverwechselbar sind.

Aber weiter zum Case von „Neue Interfaces zwischen Convenience und Kundenakzeptanz. Stimmerkennung“ Melanie Schefer Bräker, Head of Customer Care Swisscom spricht sehr offen darüber, wie der Prozess bei der Swisscom ist.

Sie sagt auch, „das wird (darf) nicht von EU Bürgern und Geschäftskunden gemacht.“

Der Opt-out Prozess steht am Anfang der Aufzeichnung (anders als in D, wo dank DSGVO nur Opt-In möglich ist, da muss der Kunde das Stimmprofil selbst aufnehmen, mit drei Sprachproben). Die Referentin sagt „Wir brauchen das Vertrauen unserer Kunden. Uns ist bewusst, dass das in D viel transparenter ist. Wenn sich das Recht in der Schweiz ändert, müssten wir das Vorgehen auch anpassen.“ höre ich im Vortrag.“ und in mir reift die Idee. Vielleicht müsste man der Swisscom ein wenig auf die Sprünge helfen in Sachen Fairness und Transparenz. (Da sind einige Leute nun dran. Siehe unten Nachtrag. Aktuell schweigt Swisscom noch dazu, die Medien nehmen das Thema aber auf.)

Eine Stimme hat 200’000 Merkmale, man erkennt u.a. Gesundheitszustand, Gemüt, Gewicht uvm.

 

EU Bürger und Firmen dürfen/sollen nicht aufgenommen werden. Ja?

Was mich umtreibt. Werde ich als EU Bürger wirklich nicht aufgenommen? Ich wurde das auch schon gefragt mit dem Schulungszweck. Erkennt der Bot, dass ich keinen Schweizer Pass habe?
Wie kann das sichergestellt werden. Wie wird überhaupt sichergestellt, dass diese Daten nicht missbraucht werden. Aktuell und in Zukunft. Was ist, wenn Swisscom ins Gesundheitsgeschäft einsteigt? Was ist, wenn diese Daten mit anderen gekoppelt werden? Swisscom hat bereits von mir Geburtsdatum, Wohnort, Kommunikationsgewohnheit, Zahlungsmoral….)

Der Prozess funktioniert so:

„Eine Stimme hat 200’000 Merkmale.“ Auch das war mir noch nicht bewusst. Man kann da viel herauslesen, ob jemand depressiv ist, krank ist (Gewicht, Alter, sogar der Lohn) etc. Die Referentin sagt „Diese Merkmale schauen wir nicht an. Wir brauchen nur die Informationen, um den Kunden im Call wiederzukennen.“ Ich recherchiere und finde spannende Artikel u.a. in der Republik dazu. Algorithmen können nämlich auch soziales Verhalten und Emotionen erkennen. Vielschichtiger übrigens als aus einem Gesicht!

Mir persönlich wurde im Vortrag nicht richtig klar, was ich davon habe, wenn Swisscom mein persönliches Stimmprofil aufnimmt und auch nutzt. In erster Linie bringt es für das Unternehmen Vorteile und einen enormen Datenvorsprung. Wer vertraut Firmen, die solche Daten aufnehmen, ohne dass es die Menschen wirklich verstehen? Der Gegenwert für mich als Kundin ist gering. Lediglich Wiedererkennung beim nächsten Anruf.

Die Twitter-Community hat hier auch eine sehr dedizierte Meinung zu und auch offline habe ich an der Konferenz einige negative Stimmen dazu gehört:

Hier kann man das übrigens widerrufen.  Das Thema Stimmabdruck bei der Swisscom ging auch durch die Medien vor zwei Jahren.

Ein Argument für das Vorgehen ist, die Authentifizierungsdialoge am Anfang sind immer etwas schwierig, weil Kunden die Fragen oft nicht beantworten können (Wie hoch war Ihre letzte Rechnung etc.). So sei man effizienter und auch kundenfreundlicher. Das empfinde ich ganz und gar nicht so. Der Wert den ich als Kunde erhalte für diese sensiblen Daten ist viel zu klein.

Als Zukunftsthemen werden noch Voice IVR, Voice Bot, Qualitätsmanagement und Anrufgründe erkennen, vorgestellt, aber das nehme ich nicht mehr wahr, ehrlicherweise…

 

Nachtrag. Nach der Konferenz wird in Twitter viel diskutiert

Twitter spiegelt mir, dass ich nicht alleine bin mit meiner Ansicht. Es wäre doch wünschenswert, wenn Swisscom auf ein transparenteres Vorgehen wie Opt-in wechseln würde.

Die PostFinance erstellt übrigens auch einen Sprachabdruck zur Authentifizierung des Users. Hier wird der User beim Telefonat durch eine Ansage informiert, dass ein Stimmabdruck angelegt wird. Genau wie bei der Swisscom also auch mit Opt-out Prinzip. Wie das bei der PostFinance funktioniert und wie man die Spracherkennung deaktivieren kann, steht hier. 

Die Raiffeisen erklärt nach Rückfrage auf Twitter, sie gibt keinen Stimmabdruck an die Swisscom weiter. Dies braucht das Einverständnis der User. Ggf. lag hier ein Missverständnis vor bezüglich der Frage.

Wissenswerte Ideen von Amazon mit Alexa (Lesetipp)

Nachtrag 05.03.19

Nachdem Swisscom immer noch schweigt (oder mit Standart Antworten agiert 🙊, hat nun der Tagi das Thema aufgenommen. Stimmerkennung und Swisscoms Vorgehen, die Stimmprofile anzulegen. Danke, dass ich zu Wort kam. (PDF, Swisscoms Stimmabdruck Tagesanzeiger) Inzwischen wurde aus meiner Frage (ob euch das bewusst war), eine klare Aufforderung an Swisscom, Stimmprofile ihrer Kunden nur mit Opt-in Verfahren zu erstellen.

Infosperber berichtete ebenfalls.

Swisscom sieht keinen Handlungsbedarf (Das sehe ich anders)

Twitter DN zwischen mir und Swisscom

Kommentar zu Chris Buehler (@socbe) schreiben

Hier klicken, um das Antworten abzubrechen.

Du kannst folgendes HTML verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

10 Kommentare zu “Biometrisches Stimmprofil bei Swisscom Support – intransparentes Vorgehen

  1. Pingback: Jeder Anruf ein biometrischer Datensatz - infosperber

  2. Heiner Abech schrieb am :

    Swisscom, Einstellungen Stimmabdruck:
    „Nein, mein Stimmabdruck darf nicht zur Authentifizierung verwendet werden.“

    Was geschieht mit meinem bereits angelegten Stimmprofil, wenn ich widerspreche?
    Verwenden sie es weiter?

    Denn in der Datenschutzerklärung steht nur:
    „Was kann ich tun, wenn ich keine Identifikation via Stimmabdruck wünsche?
    Voiceprint bietet einen neuen Sicherheitsstandard zur Kundenidentifikation. Falls Sie dies trotzdem nicht wünschen, besteht die Möglichkeit, die Option im Kundencenter zu deaktivieren (Opt-out) oder den Agenten am Telefon darauf hinzuweisen. In diesem Fall werden Sie in Zukunft weiterhin mit den bisherigen Sicherheitsfragen identifiziert.“

    Umkehrschluss: Wir haben deine Stimme und machen damit, was wir wollen. Und wenn du anrufst, stellen wir uns dumm und fragen dich erstmal, wer du bist.