Zeugenaufruf, Unfallbilder und sympathische Inhalte sind nicht gerade Standard-Programm für die meisten Content-Verantwortlichen. Und „bei uns ist alles anders und schwierig“ hört man von der Kantonspolizei Zürich auch nicht „als Ausrede“, in Social Media nur Giesskannen-Inhalte zu posten. Bravo!
Drum hab ich mit Adj. Werner Schaub über Content Marketing bei der Kantonspolizei Zürich gesprochen. Unser aller Lieblings-Case aktuell, die #Tetrischallenge, hat mir keine Ruhe gelassen.
Herr Schaub, ich gratuliere Ihnen und Team zur grossartigen Idee mit der Tetris Challenge.
Aber ich zeige in Kursen auch sonst Ihre Inhalte und die Entwicklung der Accounts. Weil Sie zwischen ernsten Inhalten und Unterhaltung geschickt wechseln und so der Community Mehrwert bieten. Das sieht man an Kommentaren unter den teils traurigen Beiträgen. Mehr Nähe ist kaum möglich, denke ich.
Wieviel Ressourcen haben Sie für Social Media?
Wir haben kein spezielles Social Media Team, sondern jeder Mediensprecher wirkt bei Social Media mit.
Ihre Tetris Challenge ist viral geworden.
Wie fühlt sich das an?
Eine Challenge wurde es erst, als die Feuerwehr Thusis nach unserem Beitrag in Aussicht stellte, so etwas auch zeigen zu können. Die Feuerwehr posierte dann sehr schnell in der gleichen Art, und wir fanden viele weitere Nachahmer. Das macht Freude. Wir hätten nie gedacht, dass die Tetris Challenge um die Welt gehen würde. Natürlich sind wir auch ein wenig stolz.
Wie kommen Sie auf Ihre Ideen?
Wir besprechen jede Woche unseren Social Media Inhalt im Team. Einiges ist geplant, anderes sehr spontan. Viele Ideen erhalten wir auch von unseren Mitarbeitenden an der Front.
Wie schaffen Sie beim Redaktionsplan die Balance zwischen ernsten Informationen und Unterhaltung?
Grundsätzlich kommunizieren wir ernsten Inhalt – von unseren Medienmitteilungen angefangen, über generelle Informationen für die Bevölkerung, Zeugenaufrufen bis zu Präventionskampagnen. Ab und zu erlauben wir uns aber dennoch, den einen oder andern Beitrag mit einem Augenzwinkern. Meist ermöglichen wir dabei auch einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Kantonspolizei Zürich. Solche Aktionen bringen uns der Bevölkerung näher.
Wie ist etwa der Anteil von beidem?
Die ernsthaften Themen machen sicher 95% aus.
Was sind Ihre Ziele pro Plattform?
Generell geht es darum, die Öffentlichkeit zu informieren bzw. dieser niederschwellige Kontaktmöglichkeiten zu bieten. Dabei funktioniert jeder Kanal etwas anders.
Unterscheiden Sie bewusst Ziele, Inhalte und Plattform?
Ja, je nachdem, was unser prioritäres Kommunikationsziel ist. So legen wir bei Twitter zum Beispiel den Fokus aufs Informieren, oder WhatsApp dient einzig dem direkten Dialog.
Wie ist das mit dem Duzen bei Ihnen?
Siezen Sie konsequent auf Social Media?
Ja, wir siezen konsequent. Dafür ernteten wir anfangs hin und wieder Unverständnis bei andern Nutzern, heute ist die Praxis aber etabliert.
Die Plattformen fordern mit ihren Algorithmen z.B. Interaktion. Aber bei einem Zeugenaufruf können Sie nicht herziges Community Management machen. Haben Sie eine Community-Regel für alles?
Unsere Beiträge, wie Zeugenaufrufe, erfolgen nach gewissen Mustern. Es hat sich gezeigt, dass für uns eine zurückhaltende Art am besten funktioniert.
Wie organisieren Sie Ihre Redaktion?
Analog einer Zeitungsredaktion haben wir jeden Morgen ein Briefing, bei dem die aktuellen Themen besprochen und Arbeiten verteilt werden. Zudem arbeiten wir im Schicht- und Pikettbetrieb, um die interne und externe Kommunikation stets zu gewährleisten.
Haben Sie einen Redaktionsplan?
Wir haben solche Pläne, jedoch erfolgt bei uns, wie bei vielen andern Diensten der Kantonspolizei Zürich, die Arbeit oft sehr spontan. Je nach Ereignissen im Kanton Zürich verläuft so ein Tag im Mediendienst völlig anders als zuvor geplant. Diese Unvorhersehbarkeit macht einen grossen Teil unseres Jobs aus.
Sie haben doch einiges an Themenwechsel, z.B. die Blackandwhitechallenge, History, Hunde, Einsatz und Menschen. Also was darf ich erwarten, wenn ich Ihnen auf Instagram folge?
Bei Instagram dürfen Sie vor allem spannende, schöne und lustige Bilder und Infos aus dem Polizeialltag der Kantonspolizei Zürich erwarten. Und Sie dürfen erwarten, dass Sie Antwort erhalten, wenn Sie uns direkt kontaktieren.
Schon nen TikTok-Account?
Nein.
Was haben Sie sonst für Pläne in Zukunft in der Online Kommunikation?
Wir halten die Augen offen und packen Gelegenheiten hoffentlich beim Schopf – wie bei der Tetris Challenge.
Wer hat Zugang zu Ihren Social Media Accounts?
Alle Mitglieder des Mediendienstes.
Wie gehen Sie mit Bildrechten um? Mussten/durften alle KollegInnen irgendwas freigeben?
Die Mitarbeitenden, die in einem Beitrag vorkommen, geben uns dafür jeweils grünes Licht.
Und haben Sie Weisungen im Umgang mit Fotos aus dem Job in persönlichen Social Media?
Ja, es gibt Social Media Guidelines. Generell sollen unsere Mitarbeitenden auch auf ihren privaten Accounts nichts posten, das sich nicht mit dem Ansehen der Kantonspolizei Zürich oder generell mit ihrem Beruf als Polizist vereinbaren lässt.
Möchten Sie noch was Schönes aus dem Alltag erzählen 😉?
Der Einsatz auf Social Media ist vor allem dann lohnenswert, wenn wir einer Person mit ihrem Anliegen direkt helfen können. Immer wieder erhalten wir dann ein Dankeschön für eine beantwortete Frage. Wenn eine solche Frage zu komplex ist, um sie in wenigen Zeichen zu beantworten, bitten wir hin und wieder um einen Anruf; daraus ergeben sich manchmal sehr interessante Gespräche.
Herzlichen Dank für den Einblick, lieber Herr Schaub.